9   Die Rittergüter von Boberhöh und Fritschendorf
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Amtsbezirk
Fritschendorf


mit den Dörfern
Boberhöh (Deutsch-Sagar)
Bobertal (Wendisch-Sagar)
Fritschendorf
Deichow, Neubrück
und Chrumow




Impressum

  Die beiden Güter von Fritschendorf und Deutsch-Sagar hatten von alters her einen gemeinsamen Besitzer, denn 1496 belehnte der brandenburgische Kurfürst Johann einen Hans von Knobelsdorf mit dem Gut und Ortschaft Deutsch-Sagar. Wie aus einem Verzeichnis der Roßdienste hervorging, hatten "die Knobelsdorfer zum Sagar" sowie zu Fritschendorf ihren Lehnherrn mit 5 Pferden zu dienen.

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Guts-
schloß

in

Fritschen-
dorf

1705 wurde der Hauptmann Christoph Sigismund von Bomsdorf als Besitzer genannt.
Ab 1713 erscheint Otto Friedrich von Oppel.

Danach haben die Güter mehrmals ihre Besitzer gewechselt. Im Bratring Band 3 aus dem Jahr 1809 wurden die Gebrüder von Oppen als Besitzer angegeben.

 1 . August von Rheinbaben ( 1785 − 1859 ) erwirbt 1815 das Gut Fritschendorf
Im Jahre 1815 kaufte August Leberecht Kreuzwendedich Freiherr von Rheinbaben ( 1785 − 1859 ) von einem Herrn v. Kamecke das Gut Fritschendorf. August v. Rheinbaben wurde in Soldin geboren, er besuchte die Gymnasien in Königsberg (Neumark) und Züllichau und war Teilnehmer am Befreiungskrieg gegen die Franzosen. Das war noch die Zeit vor den Stein'schen Reformen, in der noch die Bauern des Dorfes den Gutsacker zu bestellen hatten.

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Als die Familie von Rheinbaben mit ihren vier Kindern 1815 in Fritschendorf einzogen, diente ihnen noch ein niedriges, strohgedecktes Häuschen als Gutshaus. Das schlichte, klassizistische Herrenhaus mit dem markanten Mittelrisalit und dem großen Rundfenster über der Haustür ist erst um 1820 erbaut worden.

1827 erfolgte seine Ernennung zum Landrat des Kreises Crossen. Diese Ernennung stellte für ihn hohe Anforderungen an Verwaltungs- und Gesetzeskunde.
Das dazu notwendige theoretische Wissen hat er autodidakt erarbeitet. Sein Wohlwollen gegen jedermann brachte ihm den Beinamen 'Der Bauernlandrat ' ein. Sein Dienstsitz war ein kleines Zimmer im Fritschendorfer Herrenhaus.
An allem, was danach im Kreise geschah, hatte er einen persönlichen Anteil.
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Folgende Maßnahmen wurden unter seinem Regime als Landrat durchgeführt :
  • der Chausseebau Guben − Crossen − Züllichau (Reichsstr. Nr. 97) wurde durch ihn vorbereitet.
  • Die Lehmchausseen nach Sommerfeld und Naumburg/Bober entstanden.
  • (das waren die ersten derartigen Straßen in der Provinz Brandenburg)
  • Die Dörfer Neuendorf und Münchsdorf wurden in eine gesicherte Lage verlegt, um sie vor Überschwemmungen zu schützen.
  • Anlegen des Exerzierplatzes als Voraussetzung für die Stationierung eines Infanterie-Bataillons in Crossen.
  • Beeinflussung des Königs Friedrich Wilhelm IV für den Neubau der Bobersberger Kirche. Der König zeichnete ' seinen lieben Landrat und guten Freund ' Rheinbaben durch die Verleihung des Roten Adler-Orden mit der Schleife und des Johanniter-Ordens aus.

2 . Wilhelm von Rheinbaben ( 1813 − 1891 ) wurde auch Landrat
Nach dem Tode seines Vaters 1859 übernahm der älteste Sohn Sohn Friedrich Wilhelm von Rheinbaben das väterliche Gut Fritschendorf. Dieser wuchs in Fritschendorf auf und besuchte zunächst die Dorfschule in Deutsch-Sagar, später das Gymnasium in Guben. Während seines Militärdienstes in der Jüterboger Garnison lernte er seine spätere Lebensgefährtin Henriette, die Tochter des Gutsbesitzer v. Lochow in Petkus kennen.
 Doppl.Klick für Großformat 1847 beendete er als Oberleutnant seinen Militärdienst und widmete sich voll dem Gut Fritschendorf; dieses Gut war durch den häufigen Besitzerwechsel arg heruntergekommen. Mit ganzer Kraft und großem Unternehmungsgeist stellte das Gut auf eine gesunde Grundlage.
  • er hob den Umsatz der Ziegelei
  • er setzte eine Brennerei in Betrieb, ebenso eine Knochenmühle
  • er legte Obstplantagen an − vor allem Kirschalleen
  • das von ihm aufgebaute Braunkohlenwerk in Fritschendorf wurde aber ein Mißerfolg.

Unmittelbar nach dem Tode seines Vaters 1859 wurde er zum Landrat des Kreises Crossen ernannt. Er konnte das Werk seines Vaters verdienstvoll weiterführen. Sein Amtssitz war das Crossener Land- und Ständehaus. Viele Auszeichnungen sind Wilhelm zuteil geworden: 1867 erhielt auch er den Roten Adlerorden, 1877 den preußischen Kronenorden und 1883 den Hohenzollernschen Hausorden.

In seine Amtszeit fallen
  • Der Bau der Chausseen nach Guben und Züllichau
  • Der Bau der Eisenbahnstrecke von Guben nach Bentschen.
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Im Jahre 1889 nahm er aus gesundheitlichen Gründen (Schwindel, sowie Verminderung der Sehkraft) seine Abschied vom Amt. 1891 starb er und seine Beerdigung erfolgte an der Seite seiner Gattin auf dem Friedhof in Deutsch-Sagar.

 3 .  Kauf des Rittergutes Deutsch-Sagar 1886 durch Wilhelm von Rheinbaben
Als Wilhelm von Rheinbaben 1884 das Gut Deutsch-Sagar zum Kauf angeboten wurde, griff er sofort zu. Mit dem Kauf im Jahre 1886 wurde der alte Knobelsdorfsche Besitz, der 1543 geteilt wurde, wieder vereinigt.

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Gutsschloß    und   Gutshof     in Deutsch-Sagar

Die beiden benachbarten Güter wurden damit zu einem Großbetrieb von über 500 ha zusammengefaßt. Die Forst hatte eine Größe von 120 ha. Er begann in Deutsch-Sagar die Wirtschaftsgebäude zu verbessern und richtete von nun an sein Hauptaugenmerk auf die baufällige Kirche in Deutsch-Sagar. Für die neue Kirche übernahm er den Hauptanteil der Baukosten.

 4 .  Eugen von Rheinbaben ( 1846 – 1918 )der Oberst auf dem Gut
Eugen wurde in Petkus Kreis Jüterbog geboren. 1861 wurde er Zögling der Potsdamer Kadettenanstalt. Er nahm am Deutsch-Dänischen Krieg 1864, am Deutsch-Österreichischen Krieg 1866 und am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 aktiv teil. Seine weitere militärische Laufbahn verschlug ihn in verschiedene Garnisonen. Seine Frau war aber vom steten Umherziehen überdrüssig – es war für sie fast ein Scheidungsgrund. Deshalb verzichtete er auf seine weitere Karriere und erbat 1899 den Abschied, den Kaiser Wilhelm unter Verleihung der Roten Adler-Orden 3.Kl. mit Schleife bewilligte.
    1900 bezog Eugen mit seiner Familie das fertiggestellte Herrenhaus, dessen neuer Trakt im rechten Winkel an das alte Haus angebaut war. Der langgestreckte Neubau fügte sich dem alten Teil, dessen Mitte einen Turm mit abgeflachtem Helm erhalten hatte, harmonisch an.

    Er versuchte, aus beiden Gütern einen modernen Großbetrieb zu machen. Es zeigte sich aber bald, daß Eugen zwar gute Anlagen als Offizier besaß, sie aber als Landwirt nicht hatte. Die von Inspektoren geleitete Wirtschaft ging schlecht. Nachdem er 1910 die Verwaltung von Deutsch-Sagar seinem Sohn Wilhelm übertragen hatte, veranlaßten ihn die finanziellen Sorgen, 1914 auch Fritschendorf an seinen Sohn abzugeben. Somit blieb der Grundbesitz seiner Familie erhalten.

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     5 . Wilhelm von Rheinbaben ( 1884 − 1957 )    der Jurist
    Der Sohn von Eugen legte 1904 das Abitur am Humanistischen Gymnasium in Guben ab und studierte Jura in Grenoble, München und Kiel. Er promovierte 1908 in Heidelberg zum Dr. Jur. Danach war er als Referendar bei der Regierung in Posen tätig. Dort lernte er auch seine spätere Frau Hedwig von Wedemeyer aus Woynitz, Kreis Kosten, die spätere Erbin der Wedemayer'schen Güter in der Provinz Posen kennen. 1910 beendete er seine Juristen-laufbahn und zog mit seiner Familie ins Herrenhaus nach Deutsch-Sagar, das er von seinem Vater übernommen hatte. In Deutsch-Sagar blieb er bis 1923 wohnen und siedelte dann in das große Herrenhaus in Fritschendorf über.

    Vielseitig interessiert, bediente er sich der beginnenden Industrialisierung in der Landwirtschaft. Neben der Landwirtschaft galt seine Sorge den auf seinen Gütern eingerichteten Industriezweige
    • Brennerei
    • Kartoffelflockenfabrik
    • Ziegelei
    Er bekleidete verschiedene Ämter in den Verbänden und Genossenschaften des Kreises Crossen. Im 2. Weltkrieg war Wilhelm Landwirtschaftsoffizier in Crossen. Anfang Februar 1945 verließ er mit Frau und Töchtern kurz vor dem Einmarsch der Russen seine Fritschendorfer Heimat.

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    Nach ihres Vaters Tod wurde seine Frau Hedwig v. Wedemeyer Erbin der Wedemeyerschen Güter in der Provinz Posen:
    • Woynitz und Jeseritz (Woniesc)   Kreis Kosten
    • Grünchen (Gronówko)   Kreis Lissa
    1918 fielen diese beiden Güter mit einer Gesamtfläche von ca. 1800 ha an Polen, konnten aber bis 1945 in der Hand ihrer deutschstämmigen Eigentümer bleiben.

     6 . Wilhelm von Rheinbaben(1911 −1984 )     Junior
    Dieser Sohn des Juristen erlernte nach seinem Abitur die Landwirtschaft durch den Besuch der Höheren Landbauschule in Potsdam. 1936 heiratete er Renate Gräfin von der Schulenburg und übernahm die Bewirtschaftung der Güter von Fritschendorf und Deutsch-Sagar. 1938 wurde er Mitbesitzer der väterlichen Güter zu gleichen Teilen. 1940 wurde er zur Wehrmacht einberufen und im November 1944 verwundet.
    Er bewohnte bis 1945 das Wasserschloß in Deutsch-Sagar und widmete sich voll dem Rittergut Deutsch-Sagar.
    Solche Wasserburgen wurden früher von den adligen Besitzern in den Niederungen angelegt und konnten zur Zeit der mittelalterlichen Fehden gut verteidigt werden. Die Wasserschlösser waren damals (außer den Kirchen) die einzigen Steinbauten auf dem Lande. Das Schloß mit dem steinernen Wohnteil bildete den Kern, während die Gebäude davor der Landwirtschaft dienten.
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    Ruine des Boberhöher Gutsschlosses im Jahre 1965


    Im Februar 1945 sind die Rheinbabens vor dem Einmarsch der Russen aus Deutsch-Sagar geflüchtet. Mit zwei Treckern, voll geladen mit ihren Habseligkeiten, ging's in Richtung Westen.
    Zur Zeit der russischen Besatzung (15.Febr. – 24. Juni 1945) waren die beiden Gutsschlösser im Leerstand. Als Kinder haben wir uns neugierig in den Räumen aufgehalten.

    Nach der Vertreibung war es durch den "Eisernen Vorhang" nicht möglich, unseren Heimatort zu besuchen. Als ich 1965 das erste Mal nach zwanzig Jahren wieder Boberhöh besuchte , war der größte Teil des Boberhöher Schlosses bereits abgetragen. Mein Foto von 1965 zeigt noch den Treppenaufgang im Boberhöher Schloß.

    Das Fritschendorfer Schloß erlitt ein ähnliches Schicksal. Es verfiel zusehends und in den 1970-er Jahren stand nur noch ein Teil davon. Heute ist nichts mehr von den Schlössern erhalten geblieben.

    geändert 01.12.2007  
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